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Morgen Samstag steht Michael von der Heide gemeinsam mit der Opernsängerin Noëmi Nadelmann auf der Bühne des Theaters Basel. Sie spielen gemeinsam mit Karl-Heinz Brandt die Hauptrollen in Friedrich Hollaenders «Spuk in der Villa Stern». Wir trafen den Chansonnier und Schauspieler zwischen zwei Proben in der Theaterkantine.
Morgen Samstag steht Michael von der Heide gemeinsam mit der Opernsängerin Noëmi Nadelmann auf der Bühne des Theaters Basel. Sie spielen gemeinsam mit dem Opernsänger Karl-Heinz Brandt die Hauptrollen in Friedrich Hollaenders «Spuk in der Villa Stern». Wir trafen den Chansonnier und Schauspieler zwischen zwei Proben in der Theaterkantine.
Michael von der Heide, Sie singen in «Spuk in der Villa Stern» mit der Opernsängerin Noëmi Nadelmann. Nicht gerade Ihr Fach. Wie ist es, mit solchen Kolleginnen auf der Bühne zu stehen?
Michael von der Heide: Das Witzige ist, dass die Chansons dieses Stücks ja aus meinem Fach kommen. Als ich angefragt wurde, wusste ich nicht, dass gerade zwei Opernsänger an meiner Seite spielen. Ich dachte eher an Leute aus dem Pop- oder Rockbereich. Aber ich stand in den Inszenierungen von Christoph Marthaler schon oft mit Opernsängern auf der Bühne. Mit Karl-Heinz Brandt hab ich auch schon zusammengearbeitet. In diesem Sinn ist das kein Novum für mich.
Sie hatten 1996 hier in Basel Ihren ersten Theaterauftritt, in «Lina Böglis Reise» von Marthaler.
Ich habe mir das damals weder gewünscht noch erhofft. Ich kam zum Theater wie die Jungfrau zum Kind, weil Marthaler mich angefragt hat. So ist das bis heute geblieben: Ich habe mich noch nie um eine Theaterrolle beworben. Ich bekomm Angebote und sage zu, oder manchmal auch ab.
Aus der Zusammenarbeit mit Marthaler ist eine langjährige geworden. Sie wurden zum Familienmitglied.
So kann man das sagen. Es gibt dort wie in einer richtigen Familie alles. Abtrünnige und Verstossene, solche, die man mehr sieht, solche, die man weniger sieht. Aber ich spreche eigentlich lieber von der Marthaler-Welt, statt -familie. Diese hat mich geprägt. Ich vertraue ihm total, wenn ich auf der Bühne stehe. Da gibt es keine grossen Fragen mehr.
Ist das anderswo anders?
Sicher gibt es ganz andere Theaterwelten. Nehmen Sie «Spuk in der Villa». Diese Arbeit ist genau das Gegenteil von Marthaler: schnell, laut, ein ganz anderer Humor. Nichts Tun ist da nicht gefragt (lacht). In diesem Sinne hat mich Marthaler geprägt, er stand eben am Anfang.
Auf Ihrem Tourplan überwiegen derzeit die Theaterauftritte. Ist das Theater wichtiger als die Musik geworden?
Nein, gar nicht. Aber vergangenes und dieses Jahr hab ich schon viel Theater gemacht: «Cabaret» mit Dominik Flaschka in Zürich, mit «King Size» von Marthaler war ich in Israel, Chile und Brasilien, bald gehen wir nach China, eine kleine Welttournee.
Dann hat es sich gelohnt, diesen Marthaler mit kleiner Besetzung zu produzieren?
Auf jeden Fall! Es ist ein wenig wie beim ersten Stück, bei «Lina Bögli». Auch dieses haben wir jahrelang auf der ganzen Welt gespielt.
Dann ist das Theater also doch wichtiger als die Musik geworden?
Nein, gar nicht. Ich schreib ja auch Lieder für andere und ich arbeite an einem neuen Album, das im Herbst rauskommt. Aber ich geniesse es, wieder etwas mit einem neuen Regisseur zu machen, wie hier in Basel. Es lohnt sich, ab und zu die Komfort-Zone zu verlassen. Das Theater entspannt mich auch für die eigene Musik. Ich muss hier nicht den Chef markieren.
Sie stehen mit dem einen Bein im Stadttheater, mit dem anderen im Boulevard. Haben Sie keine Mühe mit dem Wechsel zwischen den Welten?
Nein, mir persönlich bereitet das keine Mühe. Ich find es eher schade, dass das Publikum beidseits dieser Genre Berührungsängste hat. Aber die Leute definieren sich eben gerne durch Abgrenzung.
Sie wünschten sich mehr Offenheit?
Ja, aber jetzt ist es mir langsam auch egal (lacht). Was soll’s. Mit meiner Musik ist es ja dasselbe: Diejenigen, die sie nicht verstehen wollen, können sie auch nicht verstehen.
2015 haben Sie in einem Interview infrage gestellt, ob Sie überhaupt noch ein Album produzieren, weil es sich nicht mehr lohnt. Sehen Sie das heute immer noch so?
Dass man kein Geld damit verdient, stimmt immer noch. Und ich sag auch heute wieder, dieses Album wird wahrscheinlich mein Letztes sein. Aber das Produzieren von Songs ist für mich eben zentral. Deswegen bin ich Sänger geworden und deshalb machen wir auch dieses Album wieder so schön und aufwendig, als ob es das letzte wäre.
In den Nullerjahren haben Sie beinahe jedes Jahr ein Album produziert. Warum hat diese Intensität nachgelassen?
Ich bin ja nach wie vor fleissig, aber vielleicht war das damals auch Glück, dass es gerade so gut gelaufen ist. Meine Musik war ja nicht unbedingt auf diesen Erfolg ausgelegt. Da spielt immer auch der Zufall mit. Mittlerweile glaub ich aber auch, dass mein Publikum nicht jedes Jahr eine neue Platte von mir will.
Aber das Theater hat schon geholfen, die schwierige Situation im Musikgeschäft abzufedern?
Ich hab mich da nie auf einen Bereich eingeschossen. Ich sag mir immer, ich mach das, so lange es geht. Sonst kann ich ja auch noch anderes. Und vielleicht mach ich mal was ganz anderes, wer weiss. Aber es ist schon so: Es ist nicht ganz einfach als Künstler in einem so kleinen und teuren Land.
Schweizer Glamour bedeutet also nicht, dass der Künstler an einem Villa-Hügel wohnt.
Hügel schon, Villa nicht (lacht).
Auf dem neuen Album gibt es das Lied «Hinderem Berg». Ist Amden am Walensee doch immer noch Ihre Heimat?
Klar. Meine Eltern leben dort. Nach einer gewissen Zeit zieht es einen eben wieder zurück. Obwohl man mit Sechzehn die Schnauze voll davon hatte, immer diese Berge anzuschauen. Später weiss man dann, dass Glitter und Glamour auch nicht alles sind, und blickt wieder anders auf den Ort der Herkunft.
Wie wird denn Ihr neues Album?
Es wird ein Jazz-Album. Das mag erstaunen, aber für mich ist es eine logische Fortsetzung meines Wegs. Ich hab schon so viel gemacht. Genau das hat noch gefehlt. Ich und andere komponieren Songs dafür. Das Team ist international besetzt.
Sie machen weite Sprünge: Vom «Song für Paola» zum Jazz?
Für mich ist das kein Problem oder Widerspruch. Ich kann mich, wie andere Musiker auch, an verschiedenen Stilen erfreuen. Ich hab ja auch schon Knef gesungen. Das ist auch Jazz, wenn man genau hinhört. Oder die Stücke von Charles Aznavour. Viele französische Chansons sind ja zu Jazz-Standards geworden. Sie brauchen also keine Angst zu haben: Ich werde kein Free-Jazz-Album produzieren. Die Jazz-Polizei muss noch keinen Bussenzettel vorbereiten (lacht).
Nach Basel steht auch eine Premiere im Zürcher Hechtplatz Theater an.
Ja, am Montag beginnen bereits die Proben. Ich freu mich sehr drauf. Bei «Divamix» führt Catriona Guggenbühl Regie, die Schauspielerin, die damals in Basel die Lina Bögli gespielt hat. Christina Jaccard ist dabei, sie gab mir Gesangsstunden, als ich Achtzehn war. Die dritte Diva ist Nubya. Wir kennen uns seit dem Jahr 1999, als sie in meinem Chor in der Vorausscheidung zum Eurovision Song Contest sang. Es ist also auch eine Art Familientreffen auf der Bühne.
So ist Showbusiness immer auch eine Family Affair?
Bei mir schon. Ich find es schön, wenn wir zueinander schauen.
Spuk in der Villa Stern Ab 26. Januar, Theater Basel.
Divamix Ab 13. März, Hechtplatz Theater Zürich.