In der gut besetzten Turnhalle Tiergarten in Bad Zurzach haben die Zurzacherinnen und Zurzacher alle 13 Traktanden angenommen. Vier Busse brachten die Einwohnerinnen und Einwohner am Donnerstagabend aus allen neun Ortschaften nach Bad Zurzach und wieder nach Hause.
Die Parkplätze sind voll, Cars stehen vor der Turnhalle: Die erste Einwohnergemeindeversammlung der Gemeinde Zurzach hat am Donnerstag 378 Stimmbürgerinnen und Stimmbürger in den künftigen Ortsteil Bad Zurzach gezogen. Alle 13 Traktanden wurden deutlich angenommen. Insgesamt hat die Fusionsgemeinde 4280 Stimmberechtigte, das Quorum wurde somit nicht erreicht. Deshalb unterstehen alle Entscheidungen dem fakultativen Referendum.
Inhaltsverzeichnis
Die Stimmbevölkerung hat der neuen Gemeindeordnung ohne Gegenstimme oder Enthaltung zugestimmt.
Die Gemeindeordnung legt beispielsweise die Anzahl der Mitglieder der Behörden und Kommissionen fest. Auch die Kurtaxe ist darin erwähnt, wird aber in einem separaten Reglement definiert. Neu kann der Gemeinderat Liegenschaften und Grundstücke im Wert von bis zu zwei Millionen Franken erwerben, verkaufen oder tauschen.
Trotz Ja der Gmeind: Die Stimmbevölkerung muss darüber nochmals an der Urne befinden. Am Schluss muss der Regierungsrat noch zustimmen.
Das Gebührenreglement ist mit einer Gegenstimme und ohne Enthaltung angenommen worden.
Das Reglement bestimmt die Gebühren wie die Behandlung für Baugesuche oder die Benützung von öffentlichem Grund und beinhaltet kaum grössere Änderungen für die Bevölkerung.
Das Geschäft wurde mit grossem Mehr angenommen.
Unter Meliorationswerke fallen alle Flur- und Feldwege sowie Drainagen.
Das Dokument trägt den komplizierten Namen "Reglement über die Sicherung und den Unterhalt der subventionierten und nicht subventionierten gemeinschaftlichen Meliorationswerke im Gemeindegebiet".
Das Stimmvolk sagt Ja ohne Gegenstimme und ohne Enthaltung.
Im neuen Strassenreglement werden unter anderem die Strasseneinteilung nach Benützung und Erschliessungsfunktion, Begriffsdefinitionen, der Bau und Unterhalt sowie die Übernahme von Privatstrassen geregelt. Auch werden damit die bewilligungspflichtige Benützung, Aufbrüche und die Strassenbeleuchtung definiert. Überall dort, wo kein übergeordnetes Recht besteht, kommt das Strassenreglement zum Tragen.
Nach verschiedenen Wortmeldungen und Fragen hat das Stimmvolk das Wasserreglement klar angenommen - mit 314 Ja- gegenüber 28 Nein-Stimmen.
Die Grundgebühr sorgte vor allem bei der Bevölkerung aus dem künftigen Ortsteil Bad Zurzach für Diskussionen. Ein Votant bemängelte, dass ein Familienvater im Einfamilienhaus mehr zahlen müsse, als eine Familie in einer Mietwohnung. Ein anderer Votant, ebenfalls aus Bad Zurzach, bezeichnete diese Diskussion als «kleinlich».
Die Grundgebühr für das Wasser besteht aus einem fixen Betrag von 70 Franken pro Wohneinheit sowie einem von der Grösse des Wasserzählers abhängigen Beitrag. Hinzukommt eine Verbrauchsgebühr von 1,50 Franken pro Kubikmeter Frischwasserverbrauch.
Der Preisüberwacher hatte seine grundsätzliche Zustimmung zum Reglement gegeben, aber eine höhere Grundgebühr empfohlen als die nun festgelegte.
Auch hier: Nach verschiedenen Wortmeldungen und Fragen haben die Zurzacherinnen und Zurzacher das neue Abwasserreglement mit deutlichem Mehr genehmigt - mit 338 Ja- gegenüber 30 Nein-Stimmen.
Die Grundgebühr für das Abwasser besteht aus einem fixen Betrag von 100 Franken pro Wohneinheit sowie einen von der Grösse des Wasserzählers abhängigen Beitrag. Hinzukommt beim Abwasser eine Verbrauchsgebühr von 2,30 Franken pro Kubikmeter Frischwasserverbrauch.
Auch hier hatte der Preisüberwacher seine grundsätzliche Zustimmung zum Reglement gegeben, aber eine höhere Grundgebühr empfohlen als die nun festgelegte.
Die Gmeind hat das Entsorgungsreglement mit grossem Mehr angenommen. Hier sagten 372 Stimmbürgerinnen und Stimmbürger Ja, dies gegenüber 2 Nein-Stimmen.
Ab 1. Januar führt die Gemeinde Zurzach für alle eine Sackgebühr ein. So kostet eine Marke für einen 35-Liter-Sack neu zwei Franken. Wer möchte, kann den Kehricht abhängig vom Gewicht entsorgen. Dies muss aber aktiv beantragt werden.
Für die Grünabfuhr gibt es neu für alle Ortschaften Jahresvignetten. So kostet etwa eine Marke für einen 140-Liter-Container 120 Franken.
Noch herrschen grosse Unterschiede in den acht Fusionsgemeinden bezüglich Abfallentsorgung. Die über 3100 Haushalte in Bad Zurzach, Böbikon, Rietheim und Wislikofen kennen Sackgebühren, Baldingen und Rekingen rechnen nach Gewicht ab, während Rümikon einen Presscontainer hat. Letzterer wird nun abgeschafft.
Ein Jahr lang können die Zurzacherinnen und Zurzacher ihre ab 2022 alten Marken und Gebührensäcke weiterhin nutzen, verkauft werden sie aber nicht mehr. Die Einwohnerinnen und Einwohner von Rümikon können ihr Guthaben des Presscontainers ab Januar bis am 31. März 2022 auf dem Gemeindebüro einlösen und sich das Depot für die Karte auszahlen lassen.
Das Reglement ist mit einer Enthaltung klar angenommen worden. Auch die Tarifordnung dazu hat die Stimmbevölkerung mit deutlicher Zustimmung abgesegnet, dies bei drei Enthaltungen.
Der Elternbeitrag setzt sich neu aus einem Grundanteil und einem Einkommensanteil zusammen. Für eine Ganztagesbetreuung werden die Eltern beispielsweise bei vorschulpflichtigen Kindern mit maximal 90 Franken pro Tag unterstützt, bei Babys bis 18 Monate mit 108 Franken. Unterstützt werden Eltern mit einem massgebenden Betrag bis 139'999 Franken (ausgenommen ist die Mittagsbetreuung der Tagesstrukturen).
Mit grossem Mehr hat die Stimmbevölkerung Ja gesagt zur Auflösung des Verbandes Kreisschule Rheintal-Studenland sowie zu den vier Verträgen mit der Stadt Klingnau (eine Enthaltung) und den Gemeinden Koblenz, Siglistorf und Mellikon (drei Enthaltungen).
Die vier Schulstandorte (Primarschule Bad Zurzach, Kreisschule Rheintal-Studenland, Kreisprimarschule Chrüzlibach und Primarschule Rietheim) mit jeweils eigenen, gewachsenen Kulturen werden zur Schule Zurzach überführt. In Zukunft gibt es keine Gemeindeverbände mehr, sondern nur noch Verträge.
Deshalb beantragte die Umsetzungskommission, den Gemeindeverband Kreisschule Rheintal-Studenland zwischen den Gemeinden, Bad Zurzach, Baldingen, Böbikon, Mellikon, Rekingen, Rietheim, Rümikon, Siglistorf und Wislikofen aufzulösen. Die Auflösung des Gemeindeverbandes Kreisprimarschule Chrüzlibach (Baldingen, Böbikon, Mellikon, Rekingen, Rümikon und Wislikofen) wurde bereits im November 2020 genehmigt.
Der neuen Schule Zurzach werden weitere Gemeinden angeschlossen. Mellikon wird sich beim Kindergarten, der Primar- und der Oberstufe anschliessen, Siglistorf bei der gesamten Oberstufe und Klingnau sowie Koblenz bei der Bezirksschule.
Die Anschlüsse erfolgen durch Schulverträge, welche die Gmeind am Donnerstag genehmigt hat. Diese Verträge müssen nun auch von den vier Gemeindeversammlungen abgesegnet werden.
Für die Gründung der neuen Feuerwehr Zurzach hat die Einwohnergemeindeversammlung den Gemeindevertrag, das Feuerwehrreglement und den Einsatzkostentarif (eine Enthaltung) mit deutlicher Zustimmung genehmigt.
Die Frage kam auf, ob die Feuerwehr den Einsatz ab 2022 weiterverrechnet, wenn sie eine Katze von einem Baum rettet oder einen Ehering aus in einen Schacht fällt. Die Antwort von Feuerwehr-Kommandant Stefan Indermühle, der unter den Anwesenden war: Die Katze fällt unter Tierrettung, deshalb bleibt dies kostenlos. Die Rettung des Eheringes jedoch müsse bezahlt werden.
Gleichzeitig mit dem Start der neuen Gemeinde wird die neue Stützpunktfeuerwehr Zurzach gegründet. Neben der Gemeinde Zurzach werden die drei Partnergemeinden Fisibach, Mellikon und Siglistorf die neue Stützpunktfeuerwehr Zurzach bilden.
Die Gmeind hat das Personalreglement inklusive Stellenplan deutlich genehmigt mit zwei Nein-Stimmen und drei Enthaltungen.
Rund zehn Vollzeitstellen werden abgebaut gegenüber 2019, gleichzeitig werden aber 480 Stellenprozente neu geschaffen durch Dienstleistungen, die zusätzlich angeboten werden. Der Stellenplan sieht rund 75 Stellen vor, welche auf 90 bis 95 Personen verteilt sind.
Das Stimmvolk hat die Gemeinderatsbesoldung mit 13 Gegenstimmen und das Reglement über die Entschädigung der Gemeinderatsmitglieder mit vier Gegenstimmen deutlich angenommen. Während der Abstimmung trat der Gemeinderat in Ausstand und verliess die Halle. Danach kehrte er wieder zurück und wurde mit Applaus begrüsst.
Der Gemeindeammann erhält nun 175’000 Franken plus 9600 Franken Pauschalspesen. Mit dem Lohn und den Pauschalspesen sind sämtliche Auslagen abgedeckt, die für die Ausübung des Amtes notwendig sind. Die Gelder der Mandate, welche er in seiner Funktion als Gemeindeammann erhält, fliessen zurück an die Gemeinde. Das werden schätzungsweise pro Jahr zwischen 5000 und 10'000 Franken sein.
Der Vizeammann wird mit 45'000 Franken plus 4800 Pauschalspesen entlöhnt und die fünf Gemeinderatsmitglieder je 35'000 Franken plus 3600 Franken Pauschalspesen.
In Zukunft sind die meisten Entschädigungen im Lohn inbegriffen – von Jungbürgerfeiern über Gratulationsbesuchen bis zu Weiterbildungen, aber auch die Vor- und Nachbereitung von Sitzungen mit Kommissionen oder Verbänden.
Weiterhin über die Spesen vergütet werden etwa Kommissionssitzungen der Gemeinderatsmitglieder und des Vizeammanns, die gemäss Bernhard Scheuber (Ammann Bad Zurzach) über die eigentlichen Aufgaben des Gemeinderatsmitgliedes hinausgehen. Dies wird mit 50 Franken pro Stunde entschädigt.
Übersteigt die tatsächliche Arbeitslast das Pensum von rund zwei Tagen pro Woche massiv, kann dies über das Budget ausgeglichen werden: Jährlich stehen 18'000 Franken für Mehraufwände den Ressorts zur Verfügung. Und bei Grossprojekten wird ein zusätzliches Entgelt des Ressortvorstehers in die Projektkosten eingerechnet.
Im Reglement über die Besoldung wird etwa festgehalten, welche Aufwendungen in der Besoldung inbegriffen sind und welche Spesen ausgerichtet werden.
Auch das Budget als letztes Traktandum des Abends hat die Gmeind deutlich angenommen - bei zwei Nein-Stimmen und einer Enthaltung.
Das Budget mit einem Steuerfuss von 115 Prozent schliesst mit einem Erfolg von 8,388 Millionen Franken ab. Was auf den ersten Blick traumhaft erscheint, ist jedoch einmalig: Dieser Überschuss ist auf den Zusammenschlussbeitrag zurückzuführen, welcher der Kanton bezahlt. Die neue Gemeinde erhält 9,245 Millionen Franken. Diese Zahlung ist jedoch einmalig. Ohne diesen Betrag würde ein Verlust von 857'000 Franken resultieren.