Kosten
Öffentlichkeit und Datenschutz: Parlament machtlos vor Zahlenbergen

Happige Vorwürfe am System der Kostenkontrolle durch die Politik und am endlosen Wachstum der Ausgaben kamen bei der Behandlung des Budgets 2011 auf den Tisch.

Hans Lüthi
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Gunhilt Kersten

Gunhilt Kersten

Im Grossen Rat bemängelte die SVP-Fraktion, die neue Führungsmethodik funktioniere nicht. «Es ist uns ein Rätsel, wie wir als Parlamentarier eingreifen können», sagte Sprecher Pascal Furer (Staufen). «Wir sind auf Gedeih und Verderb auf den Goodwill der Regierung angewiesen, die GAF-Revision muss dringend Abhilfe schaffen.» Dem Aufgaben- und Finanzplan 2011–2014 mangle es an Transparenz.

In der Tat konnte das Parlament nur ein paar kosmetische Tupfer anbringen und erhöhte die Löhne auf das Komma genau nach Vorgabe. Beim Budget über 4,6 Milliarden Franken für 2011 bleibt trotz sattem Wachstum um rund 3 Prozent nur dank Buchhaltertrick eine schwarze Null – konkret wegen der Entnahme von 53 Millionen Franken aus der Reserve.

Datenschutz mit höheren Kosten

Vor diesem Hintergrund ortete die SVP beim Posten «Öffentlichkeitsprinzip und Datenschutz» ein klassisches Beispiel, wie sich der Staat ungehemmt wuchernd laufend weiter ausbreite. Ausgangspunkt für eine neue Stelle war das Gesetz über die Information der Öffentlichkeit, den Datenschutz und das Archivwesen (Idag).

Der Grosse Rat hat dafür vor drei Jahren 500 000 Franken bewilligt, für 2011 sollte die Summe auf 732 000 Franken erhöht werden. «Aus einer Beauftragten sind drei Stellen geworden, die Luxusresidenz kostet gigantische 62 000 Franken Mietzinsen, für die Infrastruktur werden weitere 98 000 Franken bewilligt», kritisierte Pascal Furer übertrieben scharf.

Auch die Kommission für Aufgabenplanung und Finanzen (Kapf) fand, das Fuder sei damit überladen. Ihr Antrag auf Kürzung von 100 000 Franken ging glatt über die Bühne, der SVP-Antrag auf Streichung von total 200 000 Franken unterlag aber mit 79 zu 45 Stimmen.

Finanzkontrolle überprüft

Weit über das Budget hinaus könnten die neue Aufgabe und ihre Kosten ein Nachspiel haben. Die Verwaltung muss mit dem Öffentlichkeitsprinzip transparenter werden. Im Prinzip ist alles öffentlich – was nicht als geheim eingestuft wird. Weil die Finanzkontrolle den Fall untersuche, schliesst Pascal Furer wegen «überhöhter Kosten» nicht aus, dass ein Teil des Geldes zurückbezahlt werden müsse.

Vorsichtiger äussert sich Kapf-Präsident Heinrich Schöni (SP, Oftringen), der auf die Verträge verweist. Jetzt liege es an der Beauftragten Gunhilt Kersten, die finanziellen Konsequenzen aufzuzeigen. Dabei ist für Schöni offen, ob die Stelle mit der Kürzung überhaupt auskommt oder einen Nachtragskredit beantragen müsse.

Auf 300 Stellenprozent erhöht

Aufschlussreich bei derart massiven Angriffen ist die Optik der «beauftragten Person für Öffentlichkeit und Datenschutz». Gunhilt Kersten verweist wie bei der Budgetberatung schon Landstatthalter Urs Hofmann auf eine Studie der Uni Basel, wonach für die unabhängige Fachstelle im Aargau 526 Stellenprozent nötig wären, um einem wirksamen Datenschutz gerecht werden zu können.

«Das Gesetz gibt uns vor, Öffentlichkeitsprinzip und Datenschutz zu überwachen, Kanton, Gemeinden, Spitäler und Fachhochschulen zu beraten, über Gesuche für Videoüberwachungen zu entscheiden sowie in Streitfällen Schlichtungsverhandlungen zu führen», erklärt Kersten. Am Anfang habe man mit 200 Stellenprozent begonnen und die Entwicklung schwierig abschätzen können.

Im letzten Jahr sei die dritte Stelle über die Zusatzfinanzierung aufgebaut worden. «Für alle Aufgaben bräuchten wir aber 400 Stellenprozente», sagt Gunhilt Kersten. Weil sie lieber «den Spatz in der Hand hat», habe sie der Kürzung um 100 000 Franken wohl oder übel zugestimmt. Sparen will Kersten bei den Kosten für Informatikrevisionen durch externe Anbieter. «Aber so wenig wie möglich beim Personal, um die Aufgaben zeitgerecht erfüllen zu können.»

Fläche für Aufgabe notwendig

Beim Mietpreis stimme der Vorwurf extremer Kosten nicht. Dazu Kersten: «Die Gesamtkosten von jährlich zirka 45000 Franken sind für die Organisation mit drei juristischen Mitarbeitern, einem Sekretariat und einem Sitzungszimmer für die Verhandlungen angemessen.»

Brisant an der Sache: Öffentlichkeitsprinzip und Datenschutz fallen wie die Finanzaufsicht in die alleinige Kompetenz des Grossen Rates. «Die Regierung kann keine abweichenden Anträge stellen», steht im Aufgaben- und Finanzplan 2011–2014 wörtlich. Was aber sind die wichtigsten Aufgaben der neuen Fachstelle? Das Öffentlichkeitsprinzip umfasst die behördliche Informationspflicht und das Recht auf Zugang zu allen amtlichen Dokumenten.

Datenschutz stark ausgebaut

Um den Persönlichkeitsschutz zu gewährleisten, ist der Datenschutz ausgebaut worden. Im neun Seiten dicken Merkblatt zur Videoüberwachung in der Öffentlichkeit wird viel Gewicht auf die geschützten Grundrechte der Privatsphäre gelegt. Die Stelle hat auch ein Reglement zur Videoüberwachung von Schulanlagen geschaffen, um Sachschäden, Einbrüche oder Straftagen präventiv vermeiden oder aufklären zu können. Als Fazit ist so viel klar: Das Parlament muss das Öffentlichkeitsprinzip genauer studieren, den finanziellen Rahmen festlegen und gestützt darauf die Einhaltung überwachen.