Othmarsingen/Hendschiken
Der einzige Steinbruch, der noch Mägenwiler Muschelkalk liefert, braucht eine neue Abbaugenehmigung

Für Schlösser, Kirchen und Altstadtbauten, aber auch für neue Böden in alten Gebäuden: Der einzigartige Stein aus Othmarsingen wird gebraucht. Dafür muss der Firma, welcher er gehört, aber eine neue Abbaubewilligung erteilt werden.

Eva Wanner
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Zwischen Othmarsingen und Hendschiken soll weiterhin Mägenwiler Muschelkalk abgebaut werden.

Zwischen Othmarsingen und Hendschiken soll weiterhin Mägenwiler Muschelkalk abgebaut werden.

Archivbild: Christian Breitschmid (13. September 2019)

Muschelkalk. Irgendwo im Hinterkopf klingelt bei dieser Bezeichnung etwas. Man stolpert, nicht wörtlich hoffentlich, aber sinnbildlich, immer wieder über dieses Material. Insbesondere im historischen Kontext.

Genau darum geht es der Emil Fischer AG aus Dottikon: Sie will den Mägenwiler Muschelsandstein alias Muschelkalk weiterhin abbauen, um ihn bei historischen Bauten verwenden zu können. Dafür muss allerdings eine Abbaubewilligung erteilt beziehungsweise erneuert werden und dafür braucht es eben ein entsprechendes Gesuch. Dieses wiederum kann noch bis am 9. Januar auf der Gemeindekanzlei in Othmarsingen eingesehen werden.

Früher gab es zahlreiche Steinbrüche

Der Steinbruch im Gebiet Steinhof zwischen Othmarsingen und Hendschiken werde seit rund 300 Jahren betrieben, heisst es in einem ausführlichen Beschrieb, der dem Baugesuch beiliegt. Früher sei der Muschelkalk in zahlreichen Steinbrüchen oberhalb von Mägenwil und Othmarsingen abgebaut worden. Und auch in Gränichen, Würenlos und Estavayer kam das einzigartige Material vor. Inzwischen sei Othmarsingen der einzige Steinbruch, der den Werkstein noch liefere.

Und eben: Abgebaut werde er vor allem, um Ersatzmaterial für historische Bauten zu liefern. Enthalten ist es etwa in Kirchen, Altstadthäusern, Schlössern in allen möglichen Regionen von Aarau, Lenzburg zu Baden und über die Kantonsgrenze hinaus. Als Beispiele dafür, wo es eingesetzt wird, nennt die Emil Fischer AG einen Wasserspeier am Schloss Lenzburg, der dank des noch vorhandenen Materials ersetzt werden konnte. Ebenso wurde der Muschelkalk für Arbeiten an einer Kirche in Gebenstorf benötigt. Neu verbaut aber im historischen Kontext wurde der geschichtsträchtige Stein etwa als Bodenbelag in der frisch sanierten Schlossscheune in Wildegg. 153 Bodenplatten, allesamt quadratisch, aber in verschiedenen Grössen, wurden extra dafür hergestellt und verlegt.

Der Boden in der frisch sanierten Schlossscheune in Wildegg besteht aus Mägenwiler Muschelkalk.

Der Boden in der frisch sanierten Schlossscheune in Wildegg besteht aus Mägenwiler Muschelkalk.

Bild: Valentin Hehli

Ein Plädoyer für den weiteren Abbau findet sich im Baugesuch auch in Form einiger Zeilen, verfasst von einem kantonalen Denkmalpfleger. Zahlreiche der gut 1500 unter Schutz stehenden Denkmäler im Kanton Aargau seien mit dem «Mägenwiler» gebaut, schreibt er. Und weiter: «Ein Denkmalschutzobjekt lebt von seiner materiellen Authentizität. Das heisst, das Schutzobjekt muss im Zuge von Restaurierungen, Reparaturen und/oder möglichen Erweiterungen mit dem ‹richtigen› Material ergänzt werden.» In der denkmalpflegerisch-handwerklichen Tätigkeit sei der Stein deshalb unverzichtbar.

Schnittmaterial wird weiterverwendet

Die Gesuchstellerin selbst führt aus, der Stein werde seit der Römerzeit als langlebiger Werkstein geschätzt, lasse sich gut bearbeiten und sei witterungsbeständig, Er ist selten und wird immer rarer. Dazu heisst es: «Uns ist die Verantwortung bewusst, und wir gehen mit diesem Vorkommen entsprechend um. Wir sehen uns verpflichtet, die Ressource ‹Mägenwiler Muschelkalk› langfristig verfügbar zu halten.» Das anfallende Schnittmaterial werde aufbereitet und für die Mörtel- und Kunststeinherstellung weiterverwendet.

Rund 16’000 Kubikmeter nutzbarer Muschelsandstein befinden sich im Steinbruch der Emil Fischer AG. Abgebaut würden gemäss Baugesuch rund 200 Kubikmeter pro Jahr. Die Vorräte reichen also länger als 25 Jahre; der Zeitraum, für welches das Unternehmen die Abbaubewilligung beantragt. Die letzte Bewilligung wurde 1996 erteilt – sie lief Ende 2021 aus. Provisorisch verlängert wurde sie durch die kantonale Abteilung für Umwelt bis am 31. März dieses Jahres.