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Bei Trinkwassertests wurden erneut Reste des Pflanzenschutzmittel-Wirkstoffs Chlorothalonil gefunden. Lenzburg thematisiert eine Grenzwertüberschreitung, die offiziell keine gesundheitliche Gefährdung darstellt.
Die Geschichte wiederholt sich: Eine neue Messmethode, ein bisher kaum beachteter Stoff – und plötzlich ist sie da, die massive Grenzwertüberschreitung. Ein Grund zur Beunruhigung? Im Fall von «R471811», einem Abbauprodukt des neuerdings verbotenen Pflanzenschutzmittel-Wirkstoffs Chlorothalonil, winken die kantonalen Experten ab. Höchstwertüberschreitung Ja, unmittelbare Gesundheitsgefährdung Nein.
Erst seit wenigen Wochen ist bekannt, dass viele Grundwasservorkommen im Mittelland das «R471811»-Problem haben. Die Information der Öffentlichkeit ist im Anlaufen. Die Aarauer Eniwa stellt die Messwerte seit Anfang Februar ins Internet. Sämtliche Werte blieben deutlich über dem Höchstwert von 0,1 Millionstel Gramm pro Liter. Am extremsten ist es bei der Fassung 6 des Grundwasserpumpwerks Brüelmatte (südlich des Gönhardwaldes auf Suhrer Boden).
Doch diese Fassung ist wegen der grundsätzlichen Chlorothalonil-Problematik schon seit Oktober vom Netz. Eben erst hat auch die Gemeinde Kölliken die «R471811»-Werte publiziert. Auch hier liegen die Werte der Grundwasserpumpwerke Hard und Schwimmbad viel zu hoch. Wie die Eniwa betonten auch die Kölliker: «Das Wasser kann auch im Fall einer Höchstwertüberschreitung weiterhin uneingeschränkt als Trinkwasser verwendet werden.
Das betont auch der Lenzburger Markus Blättler, der Geschäftsführer der SWL Wasser AG und SWL Energie AG. Er hat gestern die Info-Offensive angetreten und an einer Medienkonferenz über das komplexe Problem orientiert. In Lenzburg ist es noch verschärft, weil da die Lebensmittelindustrie (etwa Hero) eine grosse Rolle spielt. Doch auch sie konnte beruhigt werden. Die «R471811»-Werte im Grundwasserpumpwerk Hard II (an der Grenze zu Niederlenz) liegen deutlich über dem Höchstwert und auch höher als im Eniwa-Gebiet. Aus dem Hard II bezieht auch Wohlen (und umliegende Gemeinden) Wasser.
Was tun? Gemäss SWL-Chef Markus Blättler gibt es keine wirksame und wirtschaftlich vertretbare Aufbereitungsmethode für das Wasser mit zum hohem «R471811»-Gehalt. Könnte man allenfalls Wasser aus nicht betroffenen Gebieten herantransportieren? Alleine im Fall von Lenzburg wären dafür laut Blättler täglich rund 450 Tanklastwagen nötig.
Es gilt eigentlich, abzuwarten (auf die Halbwertszeit zu setzen). «Wir sind zuversichtlich innerhalb von drei bis vier Jahren unter die Grenzwerte zu kommen», so Blättler. Entscheidend ist, dass die Mutter des Zerfallsprodukts «R471811», das Chlorothalonil, von den Bauern nicht mehr eingesetzt werden darf. (uhg)