Heinz Lehmann spielte auf dem Höhepunkt seiner Musikkarriere als Kontrabassist in drei verschiedenen Bands und leitete 30 Jahre den Männerchor Staufen.
Zügelkisten stehen im Gang, Schachteln voll mit Bildern alter Jazzkünstler und Karikaturen, die Heinz Lehmann mit seinem Kontrabass zeigen. Auf dem Küchentisch liegen vergilbte Zeitungsartikel und Fotos der zahlreichen Bands, in denen der passionierte Musiker Mitglied war. Vor zwei Wochen zog er gemeinsam mit seiner Frau Trudi von Staufen nach Egliswil, mitgenommen hat er die Erinnerungen an seine bewegte Laufbahn als Lehrer, Musiker und Dirigent. Erinnerungen, von denen Lehmann erzählen kann, als ob sie Monate und nicht bereits Jahrzehnte zurücklägen.
Aufgewachsen ist Heinz Lehmann in der Aarauer Telli. «Als kleiner Bub lief ich jeden Tag den steilen Tellirain hoch zu «Tante Olga», der Kindergärtnerin. In der Oberstufe gings noch weiter hinauf ins Zelgli an die Bezirksschule, das war ein zünftiger Schulweg», sagt Lehmann lachend. Die Liebe zur Musik entdeckte er einige Jahre später in der Primarschule, als sein Vater ihm vom Flohmarkt eine farbige Gitarre mit Palmenmotiven mitbrachte. Er lernte, Gitarre zu spielen und zählte schon früh zu den Besseren im Singunterricht.
Vier Gitarristen waren zu viel
Bevor er sich vermehrt der Musik zuwandte, besuchte Lehmann das Lehrerseminar in Wettingen. Nach erfolgreichem Abschluss unterrichtete er fortan als Sekundarlehrer in Gränichen, Staufen und bis zu seiner Pensionierung im Jahre 2000 an der Berufswahlschule in Lenzburg. Seine Frau Trudi lernte er in den 1960er-Jahren am Arbeitsplatz kennen und lieben. «Als sie mir zum ersten Mal auffiel, musste ich kurz darauf für ein Jahr nach Paris – nach meiner Rückkehr ging es dann aber zackig», schmunzelt Heinz Lehmann. Die Frischverliebten suchten ein Haus in Staufen und wurden bald fündig: «Ein Baumeister aus dem Männerchor fragte mich, ob ich nicht den Chor dirigieren wolle. Er würde mir im Gegenzug helfen, ein geeignetes Haus zu finden», erzählt Lehmann.
Das Haus war rasch gefunden und der erste Stein für sein drei Jahrzehnte dauerndes Engagement im Männerchor Staufen gelegt. Jeden Donnerstagabend probte er mit den Männern, man traf sich zu einem Bier und langjährige Freundschaften entstanden. Unter der Leitung des neuen Dirigenten spielte der Chor auch moderne Lieder wie etwa von Udo Jürgens, was nicht allen passte, wie Lehmann sich mit einem Schmunzeln erinnert: «Wir haben trotzdem weitergemacht.» Doch nicht nur mit dem Männerchor entdeckte Lehmann neue, musikalische Horizonte.
So begleitete er die von Pepe Lienhard gegründete Schülerband, die «College Stompers», auf eine Reise nach Holland und zwei Jahre später nach Schweden. Gemeinsam mit seinem besten Freund, dem Cartoonisten Jürg Furrer, gründete er die Band MTB (Minimum Training Band), die, wie der Name verrät, nur übte, wenn sie spielte. «Nach einem lustigen Abend mit Lehrerkollegen in einer Waldhütte, hiess es nach Mitternacht plötzlich: Heinz, wir haben schon vier Gitarristen, wir brauchen noch dich am Kontrabass! Ich lief nach Hause und holte ihn. In dieser Nacht entstand die Band und ich entdeckte meine Leidenschaft für das Kontrabassspielen.»
Der Ausflug nach Bordighera in Italien wurde bald zur alljährlichen Tradition. «Wir spielten in den Strassen und am Strand gegen grosszügig offerierte Berge von Pizzen als Honorar», erinnert sich Lehmann und lacht. Die Band existierte ganze 25 Jahre lang, bis zum Tod von Jürg Furrer im letzten Sommer.
«Er ist ein grossartiger Bassist»
Er habe nie gern Nein gesagt, gibt Heinz Lehmann zu, und die Musik mache ihn einfach glücklich. So kam es, dass er neben der MTB noch in zwei weiteren Bands spielte: Als Bassist der Band «Saitefieber» wagte er sich mit Zigeunermusik auf die Bühne, im Jahre 1999 trat er der «Wynavalley Oldtime Jazzband» bei, die heute von Alt-Regierungsrat Peter Beyeler geleitet wird. «Heinz Lehmann besitzt eine aussergewöhnliche Musikalität und ist ein sehr versierter Bassist. Sein Sound wird uns fehlen», sagt Beyeler über seinen ehemaligen Bandkollegen. Am 20. September gab Heinz Lehmann aufgrund gesundheitlicher Probleme sein letztes Konzert mit der Jazzband.
Seit diesem Abschied und der schweren Operation, bei der ein Tumor im Dickdarm entfernt werden musste, kommt die Musik etwas zu kurz und der Kontrabass steht in der neuen Wohnung vorerst noch gut verstaut im Keller. Seine neu gewonnene Zeit verbringt Lehmann mit seinen zwei Töchtern und den Enkelkindern. Schliesslich fliesst auch in deren Adern das Musikerblut: Marianne und Cathryn, die beiden Töchter, sind mit Herz und Seele Sängerinnen und kommen im musikalischen Sinne ganz nach dem Papa.