Beinwil am See
Diese beiden Frauen suchen neue Betreiber für Foodtruck «Molly» – Konzept mit glutenfreier Küche bei Bedarf inklusive

Eine der beiden Foodtruck-Betreiberinnen leidet selbst an Zöliakie. Zum glutenfrei packten die beiden Frauen, die im pädagogischen Bereich tätig sind, auch noch fleischfrei. Nach eineinhalb erfolgreichen Jahren mit ihrem Food-Piaggio verkaufen sie ihn nun.

Eva Wanner
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Silvia Dittli (stehend) und Brigitte Flückiger Nadler vor ihrem Foodtruck «Molly» in Beinwil am See.

Silvia Dittli (stehend) und Brigitte Flückiger Nadler vor ihrem Foodtruck «Molly» in Beinwil am See.

Eva Wanner

Sie hängen sichtlich an ihm. Beziehungsweise an ihr. Zwar heisst es «der» Foodtruck, dieses besondere Gefährt trägt aber den Namen «Molly». So wie die kleine Lokomotive von Jim Knopf, erklären die Besitzerinnen Silvia Dittli und Brigitte Flückiger Nadler. «Molly» bedeute ausserdem «die Wohlgenährte» – das passt, sind sie sich einig und lachen.

Aber von Anfang an; zurück in die Zeit, als Corona noch kein Thema war. Die beiden Frauen, beide beruflich im pädagogischen Bereich tätig, kennen sich gut und verstehen sich noch besser. Mehrmals verbrachten sie die Ferien miteinander, auch in Irland. Angeregt durch die liebevolle Dekoration in den dortigen Cafés, fassten sie den Entschluss, ebenfalls ein solches zu eröffnen.

Doch kein Café, aber ...

Zurück in der Schweiz, genauer an ihrem Wohnort Beinwil am See, machten sie sich auf die Suche. Und fanden: nichts. Zumindest nichts, das sie wirklich angesprochen hätte. Anders, als eine der beiden zufällig auf die Piaggio-Autos mit drei Rädern stiess. «Ich habe mich sofort verliebt», sagt Brigitte Flückiger Nadler. Silvia Dittli war nicht minder schnell überzeugt, dass dies das Richtige für die beiden sein wird. Was sie noch nicht wussten: Auch wegen der Pandemie haben sie sich richtig entschieden; konnten sie doch weitermachen, als feste Gastrobetriebe zumachen mussten.

Aus dem Foodtruckli wurde an Platz herausgeholt, was möglich war.

Aus dem Foodtruckli wurde an Platz herausgeholt, was möglich war.

zvg

Sie bestellten also ein solches Kultgefährt – und hatten mehr Zeit als gedacht, um sich ein Konzept auszudenken. Im März 2021 geordert, kam der künftige Foodtruck – oder das Foodtruckli – wegen Lieferengpässen erst im Juli 2021 an. Die Frauen und vor allem ihre Männer haben den August für den Umbau genutzt. Kästen, Tablare, Strom und Wasser; alles wurde so installiert, dass möglichst viel aus dem kleinen Gefährt herausgeholt wurde. Die Frauen stehen allerdings nicht darin, sondern davor; die Fläche im Auto wird voll ausgenutzt. Auch aussen wurde «Molly» anmächelig foliert und mit dem Namen des Projekts versehen: «Chez Nous en tour» (www.chez-nous-en-tour.ch).

«Wie, also keine Bratwurst?»

Von Anfang an klar war auch: Gekocht wird ohne Gluten. Silvia Dittli leidet selbst an Zöliakie, verträgt Klebereiweiss also nicht und kennt es nur allzu gut, wenn sie kaum oder gar keine Auswahl in der Gastronomie hat. «Dabei ist es das, was uns verbindet: Wir sind passionierte Esserinnen», sagen die beiden und lachen. Sie setzten also auf glutenfreie und vegetarische Suppen und Eintöpfe, Desserts und selbst gemachten Sirup.

Im September 2021 war es so weit: Zum ersten Mal stellten die beiden Frauen sich mit «Molly» an den Bahnhof in Beinwil am See; mit den Speisen, die sie zuvor in der Küche zubereitet hatten. Die Reaktionen? «Wie, also keine Bratwurst?», wurde gefragt, ebenso aber, ob auch vegane Speisen angeboten würden. Die meisten Menschen haben den Foodtruck aber mehr als positiv aufgenommen. In Böju und anderswo und nicht nur, aber vor allem auch Zöliakie-Betroffene.

Sie geben das Konzept gerne weiter

«Chez Nous en tour» wurde mehr und mehr auch gebucht für Caterings, war auch auf dem Schloss Hallwil, veranstaltete selbst kleine Anlässe wie das Fondue jeweils am 13. des Monats, stand beim Hallwilerseelauf bereit. Und: An jedem Freitag während eineinhalb Jahren waren sie am Bahnhof in Böju, bei jedem Wetter, wurden verhuddlet oder trugen im Akkord Sonnencreme auf. «Es war unglaublich toll und wir haben so viel gelernt», sagt Silvia Dittli. «Nur schon, den Piaggio zu fahren», ergänzt Brigitte Flückiger Nadler. Von ihrem Haus in Seenähe den Hügel rauf zur Hauptstrasse – das war eine Herausforderung. Die nicht kleiner wurde, als es schneite. Aber: Sie haben es immer geschafft und hatten auch immer Spass.

Auch im Schneegestöber wurden Gäste bedient.

Auch im Schneegestöber wurden Gäste bedient.

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Und doch hören sie jetzt auf. Denn Silvia Dittli konnte ihre Traumstelle in Bern antreten; die Zeit für «Molly» wäre einfach zu knapp. Brigitte Flückiger Nadler will nicht ohne ihre Partnerin weitermachen. «Wir hatten die Idee gemeinsam, sind gewachsen, und es hat alles so wunderbar geklappt», sagt sie, «ich kann mir nicht vorstellen, mit jemand anderem weiterzumachen».

Sie verkaufen also ihr Foodtruckli, «weil wir möchten, dass es weitergeht», sagen sie. Vielleicht mit anderem Konzept, «aber auch unseres geben wir gerne weiter, weil wir nach wie vor davon überzeugt sind». Das sind offensichtlich nicht nur sie. Was nebst schönen Erinnerungen und Lerneffekten von den letzten eineinhalb Jahren geblieben ist, ist eine Stammkundschaft von rund einem Dutzend Personen. Statt zum Bahnhof kommen sie nun zu Brigitte Flückiger Nadler und werden jeden Freitag mit vegetarischer, glutenfreier Küche verwöhnt.