<section><h2><p>Wie stehen die fünf Aargauer Regierungsratskandidaten zum Kantonsspital Aarau?</p></h2><p></p><p>Die AZ hat den Kandidierenden fünf Fragen zu einem sehr zentralen Dossier des Departements für Gesundheit und Soziales gestellt.</p><p></p></section><section><h2><p>1. Der Kanton versteht das Kantonsspital Aarau KSA als Endversorgerspital. Es hat am Schluss die hochkomplexen, teuren Fälle. Ist so ein Status gerechtfertigt?</p><p><br></p></h2><p></p><p><strong>Jean-Pierre Gallati (SVP)</strong>: Nein. Weder das Gesetz noch die kantonale Gesundheitsplanung sehen diesen Status vor, auch nicht das Tarifsystem. Mit neuen Begriffen wie «Endversorger» das System zu unterlaufen und Subventionen auszurichten, ist der falsche Weg. Besser würde das KSA versuchen, mit den Versicherungen eine höhere Baserate auszuhandeln.</p><p><br></p><p><strong>Yvonne Feri (SP)</strong>: Eine gesetzliche Definition des Endversorgerstatus gibt es noch nicht. Jedoch ist darunter zu verstehen, dass ein grosses Aufgabenspektrum von der Grundversorgung über die spezialisierte bis zur hochspezialisierten Medizin abzudecken ist. In diesem Sinne ist der Endversorgerstatus des KSA seit Jahren eine Realität, welche für die Gesundheitsversorgung unserer Bevölkerung von zentraler Bedeutung ist.</p><p><br></p><p><strong>Jeanine Glarner (FDP)</strong>: Es geht nicht um irgendeinen Status, sondern um eine qualitativ hochstehende medizinische Versorgung der Bevölkerung im Kanton Aargau. Diese garantieren unsere Kantonsspitäler.</p><p><br></p><p><strong>Severin Lüscher (Grüne)</strong>: Ja, das KSA macht seit Menschengedenken «Endversorgung», auch wenn diese in der geltenden Gesundheitspolitischen Gesamtplanung 2010 nicht vorkommt. Was dieser «Endversorger» leisten soll und was nicht, muss jedoch jetzt neu entschieden werden.</p><p><br></p><p><strong>Doris Aebi (GLP)</strong>: Die grossen Spitäler von Zürich, Basel, Bern und Luzern liegen etwa eine Stunde von Aarau entfernt. Es macht somit Sinn, in Aarau mit dem KSA einen entsprechenden Standort zu haben.</p><p><br></p><p><br></p><p><br></p><p><br></p><p><br></p><p><br></p><p></p></section><section><h3><p>2. Zur Abgeltung der gemeinwirtschaftlichen Leistungen (GWL) will die Regierung dem KSA zusätzlich jährlich 10 Millionen Franken zahlen, eben weil es viele komplexe Fälle behandelt. Sind Sie einverstanden? Wenn ja, bräuchte auch das KSB mehr Abgeltung?</p></h3><p></p><p><strong>Jean-Pierre Gallati</strong>: Nein. Bisher hat sich der Kanton vorbildlich verhalten, vergleichsweise tiefe Abgeltungen für GWL bezahlt und von anderen Querfinanzierungen abgesehen – auch wegen der engen Kantonsfinanzen.</p><p><br></p><p><strong>Yvonne Feri</strong>: Die Aufgabe des Endversorgerstatuts kann von keinem anderen Zentrumsspital in unserem Kanton gewährleistet werden. Würde diese Aufgabe ausserkantonal übernommen, käme uns das teurer zu stehen. Der Regierungsrat hat diese Zusammenhänge erkannt. Dies soll nun über die gemeinwirtschaftlichen Leistungen abgebildet werden.</p><p><br></p><p><strong>Jeanine Glarner:</strong> Es geht hier um die Notfälle, deren Vorhalteleistungen nicht gedeckt sind. Der Kanton bestellt Leistungen, die nicht kostendeckend erbracht werden können. In diesem Fall kann er gemeinwirtschaftliche Leistungen zahlen. Dies soll selbstverständlich auch für das KSB gelten.</p><p><br></p><p><strong>Severin Lüscher</strong>: Ja aber: Ein GWL-Basar darf natürlich nicht sein. Erst wenn GWL im Spitalgesetz geregelt sind, können alle Spitäler fair und gerecht nach klaren Kriterien berücksichtigt werden. Wenn sich das KSA als Endversorger versteht, muss es vorab einen höheren Basispreis (Baserate) verhandeln.</p><p><br></p><p><strong>Doris Aebi</strong>: Jeder, der einen Auftrag erteilt, muss dafür bezahlen. Insofern ist die Abgeltung richtig. Das KSB ist kein Endversorgerspital und es macht keinen Sinn, im Kanton zwei solche zu haben.</p><p></p></section><section><h3><p>3. Brauchen Spitäler zwecks Eindämmung des Kostenwachstums ein Globalbudget? Wenn ja: Was soll pas-sieren, wenn das Global-</p><p>budget aufgebraucht ist?</p></h3><p></p><p><strong>Jean-Pierre Gallati</strong>: Das Krankenversicherungsgesetz (KVG) sieht diese Massnahme vor. Hoffentlich brauchen das unsere Spitäler nicht. Der Kanton soll zuerst versuchen, das massive Kostenwachstum im Einvernehmen mit den Spitälern zu bremsen. Ich plädiere für ein intelligentes Anreizsystem mit Richtwerten. Nur als letzte Massnahme braucht es ein Globalbudget.</p><p><br></p><p><strong>Yvonne Feri</strong>: Ein Globalbudget pro Jahr, ambulant oder stationär, ist nicht zielführend und unter allen Bedingungen abzulehnen. In Form des</p><p>Tarifsystems «Diagnosis Related Groups» (DRGs) haben die Spitäler im stationären Bereich bereits heute ein Globalbudget. Pauschalen im ambulanten Bereich könnten ebenfalls sinnvoll sein, um falsche Anreize auszuschalten.</p><p><br></p><p><strong>Jeanine Glarner</strong>: Nein, denn wenn das Budget aufgebraucht ist, so führt dies zu einer Rationierung von Leistungen, Wartezeiten für Grundversicherte und zu einer Zweiklassenmedizin. Kosten werden damit keine gespart: Die Kantone Genf und Waadt haben beide Globalbudgets und gehören zu denjenigen Kantonen mit den höchsten Prämien und gemeinwirtschaftlichen Leistungen. Weder die Steuerzahler noch Prämienzahler sparen Geld – und den Patienten werden Leistungen verwehrt.</p><p><br></p><p><strong>Severin Lüscher</strong>: Nein: Ein Globalbudget pro Aargauer Spital ist ein Bumerang. Wenn es Einsparungen bringen soll und restriktiv kalkuliert ist, werden einfach «Fälle» zwischen Spitälern hin- und hergeschoben oder nach ausserkantonal exportiert.</p><p><br></p><p><strong>Doris Aebi</strong>: Ein Globalbudget im Gesundheitswesen funktioniert nicht. Wenn die Patienten auf ausserkantonale Behandlung ausweichen, muss der Kanton die Aargauer Fallpauschale an das ausserkantonale Spital bezahlen und spart keinen einzigen Franken. Zudem ist davon auszugehen, dass sich die Spitäler um die lukrativen Fälle reissen und die kostenintensiven an das Endversorgerspital abgeschoben würden.</p><p></p></section><section><h3><p>4. Das Kantonsspital Aarau (KSA) wird neu gebaut. Ist das ausgewählte Projekt finanziell tragbar, oder muss es redimensioniert werden?</p><p><br></p></h3><p></p><p><strong>Jean-Pierre Gallati</strong>: Das KSA ist daran, die zu hohen Projektkosten von 618 Millionen Franken zu reduzieren. Es ist bemüht, einen belastbaren Businessplan zu erarbeiten. Diesen wird eine neutrale Gesellschaft prüfen, wie es der Regierungsrat zu Recht verlangt. Nebst dem Schönwetter-Szenario sind auch mögliche Risiken wie sinkende Tarife oder Fallzahlen anzuschauen.</p><p><br></p><p><strong>Yvonne Feri</strong>: Das weit fortgeschrittene Projekt «Dreiklang» ist gemäss den vorliegenden Berechnungen finanziell tragbar. Es kann jedoch auf der politischen Ebene zu Fall gebracht werden, doch wäre dies, insbesondere zum jetzigen Zeitpunkt, nicht im Interesse der Mitarbeitenden des KSA, nicht der PatientInnen und unserer Bevölkerung.</p><p><br></p><p><strong>Jeanine Glarner</strong>: Nach Konsultation des Berichts der PricewaterhouseCoopers AG (PwC) bin ich skeptisch. Ohne den Businessplan zu kennen, masse ich mir aber kein Urteil an. Unbestritten ist, dass das Kantonsspital Aarau bauen muss.</p><p><br></p><p><strong>Severin Lüscher</strong>: Jein: Der Neubau des KSA ist «at best» knapp tragbar. Für die nächsten 30 Jahre wird (auch im KSB) gebaut, ohne dass wir uns vorgängig als Kanton geeinigt haben, was wir brauchen, was wir wollen und was es kosten darf – all das zahlen wir mit Steuern und Prämien!</p><p><br></p><p><strong>Doris Aebi</strong>: Der Handlungsbedarf ist unbestritten. Das Projekt muss sich natürlich wirtschaftlich rechnen. Deshalb sind die zurzeit laufenden Optimierungsbestrebungen richtig.</p><p></p></section><section><h3><p>5. Sind Sie für eine Privatisierung oder eine Teilprivatisierung der Aargauer Kantonsspitäler?</p></h3><p></p><p><strong>Jean-Pierre Gallati</strong>: Ja. Das Spitalgesetz sieht seit 2003 eine Teilprivatisierung von 30 Prozent vor. Diesen Versuch sollten wir wagen. Seine heutige Vielfachrolle überfordert den Kanton: Er ist gleichzeitig Aufsicht, Regulator, Eigentümer sowie Planer und Leistungsbesteller.</p><p><br></p><p><strong>Yvonne Feri</strong>: Eine Privatisierung der Kantonsspitäler ist nicht zielführend. Ich bin stolz darauf, dass unser Gesundheitswesen sozial finanziert ist. Nur dadurch haben alle Teile der Bevölkerung Zugang zu allen medizinischen Leistungen.</p><p><br></p><p><strong>Jeanine Glarner</strong>: Ich bin für die Privatisierung, da der Kanton durch seine Mehrfachrolle Interessenkonflikte hat. Evtl. kann zuerst eine Teilprivatisierung geprüft werden.</p><p><br></p><p><strong>Severin Lüscher</strong>: Time-out: Das Thema Privatisierung ist nach der Klärung der dringenderen Fragen zur Spitalversorgung dran. KSA und KSB unter eine gemeinsame gesamtverantwortliche Führung zu stellen, wäre wichtiger.</p><p><br></p><p><strong>Doris Aebi</strong>: Im Gesundheitssystem ist generell zu überprüfen, wer welche Dienstleistung am kostengünstigsten in der geforderten Qualität erbringen kann. In diesem Sinne glaube ich, dass es sich lohnt, die Auslagerung einzelner Aufgaben, verbunden mit klaren Leistungsaufträgen an private Anbieter, zu prüfen. </p><p></p></section>

Wahlen 2019 - Wie stehen die Regierungsrats-Kandidaten zum Kantonsspital Aarau?

Wahlen 2019 Wie stehen die Regierungsrats-Kandidaten zum Kantonsspital Aarau?

Einer von ihnen übernimmt vermutlich das Departement für Gesundheit und Soziales (v.l.n.r.): Yvonne Feri (SP), Severin Lüscher (Grüne), Doris Aebi (GLP), Jeanine Glarner (FDP) und Jean-Pierre Gallati (SVP).

Wahlen 2019
Wie stehen die Regierungsrats-Kandidaten zum Kantonsspital Aarau?