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Kanton Aargau
Die frühere FDP-Ständerätin Christine Egerszegi kritisiert ihre eigene Partei und wirbt für Maya Bally von der BDP. Im Interview sagt sie, warum sie Bally der SVP-Kandidatin Franziska Roth vorzieht.
Christine Egerszegi: Das ist für mich völlig unverständlich.
Wenn man vor dem ersten Wahlgang zum Schluss kam, dass Franziska Roth Mängel hat, gehe ich davon aus, dass diese Aussage überlegt ist. Dann ist dieser Mangel aus taktischen Gründen plötzlich nicht mehr da. Glaubwürdigkeit ist in der Politik etwas vom Allerwichtigsten.
Jedenfalls schadet das der Glaubwürdigkeit der FDP.
Es ist eine Frage der Prioritäten. War es wirklich richtig, nur mit Wähleranteilen zu argumentieren? Aus Sicht des Kantons Aargau ist doch viel wichtiger, dass eine Persönlichkeit entsprechend qualifiziert ist.
Die Kandidatinnen für den zweiten Wahlgang vom 27. November:
Sie hat zu wenig politische Erfahrung. Frau Roth kommt täglich nur mit einem kleinen Spektrum der Bevölkerung in Kontakt. Nämlich mit Leuten, die mit dem Gesetz in Konflikt geraten sind. Sie hat auch wenig Kontakte zur Politik auf eidgenössischer Ebene.
Das ist richtig, aber ein breiter Rucksack ist eine gute Startbasis.
Man lernt das Ringen um Mehrheiten in der Politik. Man lernt den Umgang mit anderen Meinungen, sie einzuordnen, gemeinsam Lösungen auszumehren. Wer das nicht aus eigenem Erleben kennt, hat ein Manko. Die Politik folgt eben auch nicht immer den Regeln der Justiz.
Ja, sie ist bestimmt eine gute Bezirksrichterin und Gerichtspräsidentin. Dafür gilt aber auch ein anderes Anforderungsprofil.
Ich kannte sie vorher nur schlecht. Daher habe ich sie zu einem Treffen eingeladen und ihr Denken und Handeln kennen gelernt. Ich habe ihr meine Unterstützung zugesagt.
Sie überzeugt mich. Sie ist eine Persönlichkeit mit Sozialkompetenz, sie hat Führungserfahrung in der Politik und in der Wirtschaft. Sie ist Fraktionspräsidentin der BDP im Grossen Rat. Sie beherrscht den Umgang in der Politik. Und sie hat Lebenserfahrung. Sie könnte sich in die Dossiers verschiedener Departemente einarbeiten. Zudem ist sie bereit, über die Parteiparole hinaus zu denken, was ich aus Interviews in den Medien mit Franziska Roth wenig herausgespürt habe.
Ja, dort hat man keinen grossen Gestaltungsspielraum. Umso wichtiger ist es, diesen mit einer Persönlichkeit zu nutzen. Hier spielt die Bundesgesetzgebung eine sehr wichtige Rolle. Der Aargau hatte hier immer eine wichtige Stimme, die in Bern gehört wurde –aktuell mit Susanne Hochuli. Ich möchte, dass das so bleibt.
Die drei Kandidatinnen Feri (SP), Bally (BDP) und Roth (SVP) und die begehrte Mitte:
Es stimmt, die BDP ist geschrumpft. Sie hat im Grossen Rat keine Fraktionsstärke mehr. Sie muss sich einer Fraktionsgemeinschaft mit einer anderen Partei anschliessen. Das ist für mich aber kein Wahlhindernis.
Wir hatten in Bern acht Jahre lang mit BDP-Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf eine ausgezeichnete Finanzministerin, die über die Parteien hinweg geachtet wurde. Auch sie hatte eine kleine Parteibasis. In jenen struben Zeiten war eine Gratwanderung nötig für die Rettung der UBS, in der Finanz- und Bankenkrise. Sie hat dies mit Bravour geleistet.
Natürlich. Die FDP hatte sehr gute Kandidatinnen, die bereit gewesen wären anzutreten. Das hätte man aber sofort nach der Bekanntgabe des Rücktritts von Susanne Hochuli tun müssen. Jetzt, im zweiten Wahlgang, ist es zu spät.
Sicher, aber wir wählen ja keine Prozentsätze, sondern Persönlichkeiten, denen wir zutrauen, dass sie das Amt bestmöglich ausführen.
Dann hätte ich die Kompetenz einer Gemeinderätin gewählt. Damit meine ich Yvonne Feri. National gilt sie zwar als links. Es ist aber auch die Aufgabe einer SP-Nationalrätin, Parteipolitik zu machen. Sie hat aber auf Gemeindeebene bewiesen, dass sie sich für das Wohl aller einsetzen kann. Auch mit ihrer grossen Erfahrung könnte sie eine Gesamtschau in ein Regierungsgremium hineinbringen.
Die bürgerliche Mehrheit ist jetzt schon in jedem Fall gewährleistet. Man wird von einer Partei aufgestellt, von einer Mehrheit gewählt. Und dann ist man für die Sache da.