Rheinfelden
Mit Turban und bunten Gewändern: Warum sich der Stadtrat seit fast 30 Jahren als Könige verkleidet

Klopfen und Verbeugen – das ist das Markenzeichen der Rheinfelder Weisen aus dem Morgenland. Als Caspar, Melchior und Balthasar stehen die Heiligen Drei Könige in der Adventszeit vor dem Rathaus und sammeln für soziale Projekte. Mittendrin jeweils die Rheinfelder Stadträte um Ammann Franco Mazzi.

Hans Christof Wagner
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Seit 1993 sammeln die Drei Könige in Rheinfelden in der Adventszeit Geld für den guten Zweck.

Seit 1993 sammeln die Drei Könige in Rheinfelden in der Adventszeit Geld für den guten Zweck.

Bild: zvg

Im Stadtrat musste Hans Gloor immer Demokrat sein. In der Adventszeit aber kann er sich königlich gebärden und die Passantinnen und Passanten mit der ihm gebührenden Autorität auch einmal zum Spenden «überreden». Seit 13 Jahren schon macht er jetzt bei der Aktion mit – im Team mit Stadtammann Franco Mazzi und Vize Walter Jucker. Gloor sagt:

«Wir haben immer viel Spass dabei. Vor allem die Reaktionen der Kinder auf uns finde ich immer herzig.»

Gloor ist seit 13 Jahren dabei, aber die Tradition des Rheinfelder Dreikönigssammelns gibt es noch länger. Das 30-Jahre-Jubiläum feiern sie heute in der Stadt. 1993 fing alles an. Mitbegründerin Marianne Schärrer hatte die Dreikönigstradition in Basel kennen gelernt und ins Fricktal exportiert.

«Zwangsrekrutierung» des Ehemanns im ersten Jahr

Damals brauchte der Kinderhort «Zottelbär» Geld. Und das sollte die Sammelaktion in Rheinfelden in die Kasse spülen. Zwar erforderte es Co-Initiantin Charlotte Burkhard zufolge anfangs viel Überzeugungsarbeit, bis sie ein Team an Darstellern zusammenhatten. Niemand habe spontan mitmachen wollen. Und so mancher, wie der eigene Ehemann, sei auch «zwangsrekrutiert» worden. Aber:

«Die meisten waren nach dem ersten Mal gleich angefressen und wollten weitermachen.»
Auch Hans Gloor, Ex-Stadtrat von Rheinfelden, macht bei der Aktion mit.

Auch Hans Gloor, Ex-Stadtrat von Rheinfelden, macht bei der Aktion mit.

Bild: Henri Leuzinger

Auch schon 1993 fanden sich sechs Dreiergruppen Rheinfelder, die als Könige verkleidet Geld für den Hort sammelten. Im Folgejahr stieg die Zahl auf acht Gruppen und erstmals – seither ist es Tradition – sammelte auch eine Gruppe Stadträte: immer am Samstag vor dem ersten Advent, zum Auftakt.

Inzwischen geht der Erlös der Aktion an die Diakonische Stelle Rheinfelden und den Trägerverein für Schüler-, Jugend und Kinderkultur.

40 Könige und ein Dutzend «Hofdamen»

Heute, 30 Jahre nach dem Start, kann das Organisationsteam um Vreni Weber und Sabine Lütte und ihre weiteren zwölf Helferinnen, die offiziell «Hofdamen» heissen, personell aus dem Vollen schöpfen. Denn die Rheinfelder Königsdynastie ist inzwischen auf mehr als 40 Angehörige angewachsen.

«Für 2022 haben wir 14 Gruppen und zwei Springer», freut sich Lütte. Sie sagt: «Viele denken noch immer, wir seien ähnlich exklusiv wie die Sebastiani-Bruderschaft, aber das stimmt nicht. Bei uns kann eigentlich jeder mitmachen.»

Die Betonung aber liegt auf «jeder»: Denn die Rheinfelder Dreikönigstruppe ist bis heute eine Männerbastion geblieben. Burkhard und Lütte finden das auch gut so. Lütte sagt sogar:

«Wenn da jemand käme und die Öffnung für Frauen verlangte, würde ich nicht mehr mitmachen.»

Aber aus dieser Richtung scheint weniger Druck zu kommen. Eher wird bei der Rheinfelder Aktion eines immer mehr diskutiert: Ob es rassistisch ist, den einen der drei Könige schwarz zu schminken? Den Dreiergruppen ist es freigestellt, wie sie damit umgehen. Hans Gloor sagt:

«Unsere Gruppe hält an der schwarzen Schminke fest. Ich sehe keinen Grund, damit aufzuhören.»

Gloor sagt, dass sich in seiner Gruppe niemand gerne schwarz schminke. Aber mehr aus Pragmatismus. Denn: «Der Aufwand zum Abschminken ist dann am grössten.»