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Im Januar 2018 randalierte ein 35-Jähriger auf dem Polizeiposten in Brugg. Stoppen liess sich der junge Mann nur durch einen Polizeihund. Vor dem Bezirksgericht Brugg musste er sich nun für seine Taten verantworten.
Mit roher Gewalt hat Christian (Name geändert) gewütet auf dem Posten der Regionalpolizei Brugg im Januar 2018. Kurz nach dem Mittag an jenem Montag hatte er zuerst das Einsatzfahrzeug der Polizei demoliert, Blaulicht und Scheibenwischer abgerissen, Seitenspiegel abgebrochen und die Motorhaube eingedrückt. Danach begab er sich mit einem 30 Zentimeter langen Küchenmesser in die Schalterhalle der Polizei in der Unteren Hofstatt, zerschnitt ein Bild an der Wand und beschädigte Dekorationsgegenstände. Mit einem Feuerlöscher schlug er schliesslich die Glastüre zu den Büros ein.
Die Polizei forderte Christian mehrmals auf, das Messer fallen zu lassen und sich auf den Boden zu legen. Ohne Erfolg. Auch als ihm der Einsatz von Pfefferspray angedroht wurde, konnte er nicht zum Aufgeben bewogen werden. Die Polizei setzte in der Folge den Hund auf ihn an, der ihm in den Unterschenkel biss. Christian stürzte und die Polizisten konnten ihn überwältigen.
Vor dem Bezirksgericht Brugg musste sich Christian, der in der Region wohnt, für seine Taten verantworten. Mehrfache Sachbeschädigung, Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte lauteten die Vorwürfe, daneben Tierquälerei, weil der Beschuldigte gemäss Anklageschrift den Polizeihund mit den Fäusten drei- bis viermal gegen den Kopf geschlagen hat sowie Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz. Der Beschuldigte habe Marihuana konsumiert und besessen.
Der 35-jährige Schweizer mit dem modischen Bart und Kurzhaarschnitt erschien in blauem Pullover, blauen Jeans und Turnschuhen. Aus seiner Lebenssituation und seinem Gemütszustand machte er kein Geheimnis, antwortete offen und detailliert auf die Fragen von Gerichtspräsidentin Gabriele Kerkhoven. Einst hat Christian zwar eine Lehre mit grossem Erfolg abgeschlossen, ist derzeit aber auf Stellensuche und lebt, wie er erklärte, von der Arbeitslosenkasse.
Immer wieder litt Christian in den vergangenen Jahren an Depressionen. Er hat verschiedene Klinikaufenthalte hinter sich und befindet sich derzeit in psychiatrischer Behandlung. Mit der Therapie und den Medikamenten gehe es ihm gut, er könne den Alltag gut meistern und ruhig schlafen.
An jenem Montag im Januar 2018 habe er gedacht, die ganze Welt habe sich gegen ihn gerichtet, der Staat sei hinter ihm her, überwache ihn. Er habe sich verfolgt gefühlt und gemeint, der Krieg gehe los. In seinem Kopf habe sich alles gedreht. Er habe seine Wohnung zertrümmert und sei mit Kampfstiefeln und Messer ausgestattet aus dem Haus gegangen, erzählte er. Als er das Polizeiauto gesehen habe, sei er darauf gesprungen.
Daran, was in der Schalterhalle passierte, habe er nur flüchtige Erinnerungen. Er sei weggetreten gewesen, wie in einem Drogenrausch. Den Polizeihund aber, versicherte Christian, habe er nur einmal geschlagen. Es sei Reflex gewesen, weil er gebissen worden sei. Was der Auslöser für die Psychose gewesen war, konnte er nicht sagen auf die Frage von Einzelrichterin Kerkhoven. «Schwierig zu sagen», antwortete er und zuckte mit den Schultern.
Ein psychiatrisches Gutachten kam zum Schluss, dass der Beschuldigte an einer paranoiden Schizophrenie leidet. Zum Tatzeitpunkt habe er sich in einem psychotischen Zustand mit Beeinträchtigungs- und Verfolgungswahn befunden. Aufgrund seines Zustands mit schweren Wahnideen sei er nicht fähig gewesen, das Unrecht seiner Taten einzusehen. Auch der Verteidiger wies in seinem Plädoyer darauf hin, dass zum Tatzeitpunkt Schuldunfähigkeit bestand. Der Verteidiger sprach von einem nicht alltäglichen Fall. Die Tragik liege weniger in den Ereignissen, sondern in der Erkrankung des Beschuldigten. Dieser sei einsichtig und von Schuld und Strafe freizusprechen.
Mittlerweile ist das Urteil gefällt. Der Beschuldigte wird vom Gericht von sämtlichen Vorwürfen freigesprochen, weil er schuldunfähig und deshalb nicht strafbar ist. Die Zivilforderungen – 9365 Franken der Regionalpolizei sowie 11826 Franken der Einwohnergemeinde Brugg – werden abgewiesen. Angeordnet wird eine ambulante psychiatrische Behandlung.