Windisch
Die Zuckerbäckerin ist im Tortenstress – wegen Hochzeits-Monat Mai

In ihrem neuen Kuchenatelier in Windisch kann sich die 44-Jährige Jessica Siewert voll entfalten. Ihre Hochzeitstorten sind Meisterwerke an Perfektion. Dahinter stecken Leidenschaft und viele Stunden Arbeit.

Janine Müller
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Jessica Siewert fertigt in kunstvoller Handarbeit Hochzeitstorten im Vintage-Stil.
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Die Zuckerbäckerin ist im Tortenstress – wegen Hochzeits-Monat Mai
Jessica Siewert.

Jessica Siewert fertigt in kunstvoller Handarbeit Hochzeitstorten im Vintage-Stil.

Sandra Ardizzone

Langsam dreht Jessica Siewert die Torte. Sie zupft an der rosa Schleife, steckt die eine oder andere Rose aus Zucker nochmals anders. Dann tritt sie zurück, schaut die Torte prüfend an, und sagt: «So, jetzt ist sie fertig.» Wer aber gedacht hat, dass die Zuckerbäckerin ihr Kunstwerk tatsächlich beendet hat, der irrt. Jessica Siewert ist eine Perfektionistin. Nochmals schneidet sie von der Schleife ein kleines Stück ab, rückt erneut die Rosen zurecht. Und das Satinband um den Tortenteller, das passt ihr gar nicht. Flugs drapiert sie ein neues drumherum.

Dann gibt sich auch Jessica Siewert locker. Irgendwann ist genug! Jetzt muss die dreistöckige Hochzeitstorte im beliebten Vintage-Look – heisst mit weissem Spitzenmuster und rosafarbenen Rosen – ausgeliefert werden. Es ist aber nur eine von vielen Torten. Der Mai ist noch immer der traditionelle Hochzeitsmonat.

Jedenfalls ist die ambitionierte Zuckerbäckerin zurzeit ziemlich im Hochzeitstortenstress. Rund zwei Torten liefert sie pro Wochenende aus. Wenn man bedenkt, dass sie pro Torte rund 20 Stunden, wenn nicht gar mehr benötigt, kommt da ein ziemlicher Aufwand zusammen. Dann gelingt der Balanceakt zwischen dem Familienleben der 44-Jährigen und ihrer Arbeit weniger gut als sonst. Ihre vier Kinder im Alter zwischen 8 und 14 Jahren fordern sie, zwei Katzen und ein Hund wollen betreut werden. Da kann es bei vielen Tortenbestellungen schnell etwas hektisch werden. Auch, weil sie die Torten oftmals selber ausliefert. Dafür fährt sie schon mal nach Bochum in Deutschland oder über holprige Schotterstrassen auf die Schatzalp oberhalb von Davos.

In der (Hochzeits-)Hochsaison ist es für Jessica Siewert noch schwieriger als sonst, das richtige Mass zwischen Familie und Arbeit zu finden. «Ich kann schlecht Nein sagen», sagt sie und lacht. Viel zu gerne verwöhnt sie ihre Kunden mit ihren Werken. Kreativ sein, etwas mit den eigenen Händen erschaffen und damit auch noch Freude bescheren, das ist ihr Ansporn.

Das war auch der Antrieb damals, 2006, als sich die aus Deutschland stammende Jessica Siewert für die Zuckerbäckerei zu interessieren begann. Mit Magazinen, Büchern und wenigen Kursen in England hat alles begonnen. Vieles hat sie sich während des Ausprobierens selber beigebracht; Blumen aus Marzipan oder Zucker, feine Verzierungen. Heute sieht es so aus, als ob sie alles im Schlaf könnte.

Auch das Zubehör hat sich mit den Jahren vergrössert. Lange Zeit arbeitete die studierte Architektin in einem Raum in ihrem Haus in Windisch. Irgendwann aber reichte der Platz nicht mehr aus. Jessica Siewert packte ihre Chance, als in der alten Spinnerei alles zu Wohnungen umgebaut wurde.

Seit Ende April besitzt sie nun einen eigenen Raum in Unterwindisch an der Reuss, selber gestaltet mit ihrem Mann. Zwei alte Holzsäulen, ein Überbleibsel der Industrievergangenheit, liessen sie stehen. Ein langer Tisch aus Holz lädt zum Verweilen ein. Hier finden auch die Beratungsgespräche, beispielsweise für Brautpaare, statt. Dahinter sind zwei Tische mit Granitplatten platziert, wo die Torten verziert werden. Zwei Küchenmaschinen stehen bereit, auf Blechen liegen Kekse, die zu essbaren Namensschildern werden.

Hochzeitstorten, kunstvoll verzierte Cupcakes, Petits Fours und Cakepops sind mittlerweile zu ihrer Spezialität geworden. «Selten wiederholt sich eine Torte eins zu eins. Vor allem bei grossen Hochzeiten ist für mich die persönliche Beratung sehr wichtig», sagt Jessica Siewert. «Alles wird exklusiv und individuell auf das Brautpaar abgestimmt.» Und für sie ganz wichtig: «Bei mir ist alles von A bis Z handgemacht, jedes Blättchen und jede Blüte wird sorgfältig in Handarbeit hergestellt.»

Für die Zukunft hat die Zuckerbäckerin noch einige Pläne. Workshops will sie anbieten oder die Backstube vermieten für Events. Doch alles hat seine Zeit. Eile hat Jessica Siewert nicht. Sie will weiterhin eine gute Balance zwischen Familie und ihrer süssen Arbeit finden.