Spreitenbach/Killwangen
Nicht nur das tödliche Lift-Drama ging ihm nahe: «Diese Bilder bleiben für immer»

Nach etwas mehr als 30 Jahren beendet Sven Imboden auf Ende Dezember sein Engagement bei der Feuerwehr Spreitenbach-Killwangen. 1990 war er ins Korps einer der grössten Ortsfeuerwehren im Kanton Aargau eingetreten, seit 15 Jahren leitete er es als Kommandant.

Claudia Laube
Drucken
Stolz auf sich und seine Arbeit: Kommandant Sven Imboden verlässt die Feuerwehr Spreitenbach-Killwangen Ende Dezember.

Stolz auf sich und seine Arbeit: Kommandant Sven Imboden verlässt die Feuerwehr Spreitenbach-Killwangen Ende Dezember.

Severin Bigler

Trotz der Verantwortung, die das mit sich brachte, übte der Spreitenbacher diese Funktion ehrenamtlich aus. Oder wie es der hemdsärmelige Imboden beschreibt: «Ich habe diesen Laden mit Leib und Seele im Nebenjob geführt.» Imboden, dessen Wunsch immer war, mit 50 Jahren aufzuhören, arbeitet in einem 100-Prozent-Pensum als technischer Leiter bei einem Grossunternehmen. Der «Nebenjob» verlangte ihm «locker zwischen 500 und 600 Stunden im Jahr, 12 bis 16 Stunden pro Woche» ab. Darin inbegriffen vorwiegend Büroarbeit. Die 90 bis 120 Einsätze jährlich, zahlreiche Übungen und Rapporte kamen noch zusätzlich hinzu.

Imboden blickt auf rund 1000 Übungen und 1500 Einsätze während seiner Dienstzeit zurück. «Spreitenbach bietet viel Potenzial», erklärt er mit einem Augenzwinkern. «Vor allem weil wir hier einige Einkaufscenter, zahlreiche Industriebetriebe, Hochhäuser und den Rangierbahnhof haben.» Eine Zeit lang sei die Feuerwehr ihrem Namen kaum gerecht geworden. «Wir hatten nur wenig Brände, mussten aber sehr viele Keller auspumpen und bei Sturmschäden oder Ölspuren ausrücken.»

Chemieunfälle habe er auch eine Handvoll miterlebt: Imboden erinnert sich an einen Grosseinsatz in einer Lackfabrik oder an einen der grössten Brände in Spreitenbach, als 1996 die Firma Soprema komplett zerstört wurde. «Am meisten prägen aber vor allem Einsätze, bei denen es Tote oder Schwerverletzte gibt», sagt Imboden. «Diese Bilder bleiben für immer.» In seiner Feuerwehrkarriere habe er an über ein Dutzend Einsätze ausrücken müssen, bei denen es Tote gab. «Das sind immer bewegende Geschichten.»

Zwei tragische Ereignisse in einem Jahr

Dieses Jahr wurden er und sein Team an zwei Ereignisse aufgeboten, die besonders tragisch endeten: Zum einen ins Spreitenbacher Pflegeheim Senevita als eine Frau bei einem Brand in ihrem Zimmer ums Leben kam. Zum anderen beim Sturz eines 27-jährigen Mannes in einen Liftschacht eines 12-stöckigen Hochhauses. «Wir konnten den jungen Mann nur noch tot bergen», sagt Imboden. Bei solch schwierigen Arbeiten an der Front sei er als Kommandant besonders gefragt.

Er musste entscheiden, wer sich für diesen Einsatz eignet: «Ich frage natürlich auch immer bei meiner Mannschaft nach, ob sie sich den Einsatz zutrauen. Nicht alle können mit solchen Bildern umgehen.» Er habe aber das Glück, dass im 95-köpfigen Team zwei Personen sind, die bei einer Berufsfeuerwehr angestellt sind. «Diese kennen sich in solchen speziellen Situationen besser aus», ergänzt er. Es gehörte aber auch zu seinen Aufgaben, professionelle Hilfe aufzubieten, wenn diese gewünscht war. «Der seelische Schutz meines Teams war mir immer sehr wichtig. Ich wollte, dass es ihnen nach den Einsätzen gut geht und habe nach ihrem Befinden gefragt. Nicht alle Einsatzkräfte können solche Situationen gleich gut verarbeiten.»

Leere Agenda ab Januar

Sein Stolz auf sein Team und auch auf sich selbst zeigt er ohne falsche Bescheidenheit: «Ich habe gute Arbeit geleistet und war immer auch um einen guten Team-Spirit besorgt.» Er hinterlasse seinem Nachfolger Daniel Wiederkehr ein harmonisches Team. Es seien in diesen 30 Jahren viele Freundschaften entstanden, die er auch weiterhin pflegen werde. Die Kameradschaft werde er wohl am meisten vermissen. Am wenigsten hingegen die nächtlichen Einsätze: «Vor allem diejenigen nachts um drei Uhr waren immer die Kräftezehrendsten», sagt er.

Dem Feuerwehrverein wird Imboden weiterhin erhalten bleiben. Trotzdem werde es komisch sein, «wenn meine Agenda ab Januar fast leer ist». Er freut sich nun aber auf mehr Freizeit mit seiner Partnerin, aufs gemeinsame Kochen und auf Rockkonzerte – sobald diese wieder stattfinden.