Baden
Friedhof und Krematorium werden zur Bühne eines Theaterstücks – auch Ausbrecherkönig Hugo Portmann spielt mit

Eine ungewöhnliche Produktion wird auf dem Badener «Liebenfels» aufgeführt: «Ruhe in Freude». Darin geht es um Sterben und den Tod. Und auch das Dekor ist speziell: Unter anderem gibt es ausgestopfte Tiere zu sehen.

Ursula Burgherr
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Annina Sonnenwald (Blau), Lea Schwab (karriert), Simona Hofmann (Rot) auf dem Friedhof Liebenfels, Baden am 14. Januar 2022. Foto: Ausbruch Gefängnistheater Schweiz/Sebastian Derungs

Annina Sonnenwald (Blau), Lea Schwab (karriert), Simona Hofmann (Rot) auf dem Friedhof Liebenfels, Baden am 14. Januar 2022. Foto: Ausbruch Gefängnistheater Schweiz/Sebastian Derungs

Lea Schwab / Aargauer Zeitung

Rund 1½ Stunden dauert es, bis ein menschlicher Körper verbrannt ist. Was für manche fast makaber klingt, ist für Andreas Gerber, Röbi Suter und Thomas Plüss vom Krematorium Liebenfels Arbeitsalltag.

Nach 2014 spannt das Theaterteam «Ausbruch» zum zweiten Mal für eine ungewöhnliche Produktion mit ihnen zusammen. «Wir wollen mit unseren Spielorten Türen öffnen, die der Allgemeinheit verschlossen bleiben. Und damit auch sogenannte Tabuthemen transparent machen», sagt Annina Sonnenwald, die mit Simona Hofmann Regie führt.

Theaterstücke mit Häftlingen

Seit 10 Jahren inszenieren die beiden Frauen in verschiedenen Gefängnissen erfolgreich Theaterstücke mit Häftlingen. Und sind beeindruckt über die Zusammenarbeit. «Durch ihre Isolation und den Mangel an Gesellschaft entwickeln die meisten Gefangenen eine enorme Vorstellungskraft, arbeiten sehr fokussiert und können sich sofort in eine Rolle hineinversetzen.»

Als Produktionsleiterin fungiert seit zwei Jahren die Badenerin Lea Schwab, für die Texte ist Anja Schmitter zuständig. Neu im Team «Ausbruch» ist Sonnenwalds Lebensgefährte Sebastian Derungs, der lange als Pressefotograf arbeitete. Die letzten zwei Jahre gestalteten sich als schwierig. Wegen der Corona-Pandemie wurden gleich mehrere Gefängnis-Projekte abgesagt.

Mit von der Partie ist auch eine Bestatterin

In der neuen Produktion «Ruhe in Freude» am 17./18. sowie 24./25.2.2022 auf dem Friedhof Liebenfels dreht sich alles um das Sterben und den Tod. Das Publikum erhält eine Friedhofsführung und muss sich auf einige Überraschungen gefasst machen. Denn plötzlich beginnen zwei Grabsteine miteinander zu sprechen.

Zudem bekommen die Anwesenden Live-Einblicke in die Tätigkeit des Krematorium-Teams. Während vor ihren Augen ein Sarg verbrannt wird, erfahren sie, was eine Beerdigung kostet, wie lange ein Körper im Kühlraum gelagert werden kann und vieles mehr, was sonst im Leben eher diskret ausgeblendet und nicht so nüchtern auf den Tisch gebracht wird. Mit von der Partie ist auch die junge Bestatterin Celina Fischer aus Ehrendingen, die Körper für Beerdigungen herrichtet und über ihre Arbeit erzählt.

Hugo Portmann gibt offen Auskunft über sein Leben

Hugo Portmann, hier in der TV-Sendung «Talk Täglich»

Hugo Portmann, hier in der TV-Sendung «Talk Täglich»

Screenshot/Tele M1

Der ehemalige Strafgefangene Hugo Portmann arbeitet heute in Zürich als Müllmann. Wie das Krematoriums-Team ist er für «Entsorgung» zuständig – allerdings im viel profaneren Bereich des Abfalls, den wir täglich hinterlassen. Offen gibt er Auskunft über sein Leben.

Trotz der ungewöhnlichen Themen, soll «Ruhe in Freude» ein heiteres Ende in der Abdankungshalle finden. Annina Sonnenwald plant, die Zuschauerinnen und Zuschauer mit fröhlichen musikalischen Klängen zu entlassen. Für das Dekor hat sie sich bei Tierpräparator Walter Benz in Würenlos mit einer ganzen Reihe von ausgestopften Tieren eingedeckt. «Mich faszinieren diese Wesen, die auf den ersten Blick wie lebendig erscheinen und damit eine abstrakte Verbindung zwischen Leben und Tod darstellen», sagt sie.

Auch das Publikum ist zum Mitmachen aufgefordert. Gesucht wird noch ein Mensch über 90, der aus seiner Perspektive darüber berichten möchte, was ihm der Tod bedeutet. Kinder des Jugendtheaters Lampefieber werden sich ebenfalls zum Thema Sterben äussern. An den Glasfronten des Krematoriums können alle Anwesenden ihre eigenen Gedanken dazu in Worte fassen.

Pro Vorstellung von «Ruhe in Freude» gibt es 60 Plätze. Finanziell fand das ungewöhnliche Projekt Unterstützung von Swisslos Kanton Aargau, vom Migros-Kulturproduzent und vom Grand Casino Baden. Der Event wird ganz sicher bleibende Eindrücke hinterlassen.