Wettingen
Arwo-Stiftung zieht in neue Überbauung ein: «Die perfekte Lösung für unsere pensionierten Bewohner»

In der Überbauung «Sulperg-2» in Wettingen finden Pensionierte mit Beeinträchtigung neu eine Tagesstruktur und Anschluss ans «normale» Leben.

Claudia Laube
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Die Vision der Bauherren von «Sulperg-2» wurde mit dem Einzug von Menschen mit Beeinträchtigung komplettiert.

Die Vision der Bauherren von «Sulperg-2» wurde mit dem Einzug von Menschen mit Beeinträchtigung komplettiert.

Alex Spichale

In der kürzlich fertiggestellten Überbauung «Sulperg-2» im Langäcker in Wettingen kann die Arwo, die Stiftung für Menschen mit Beeinträchtigung, ihren Senioren endlich bieten, wonach schon lange eine Nachfrage bestand: Tagesstrukturen ausserhalb des Arbeitsalltags. Wer bisher bei der Arwo das Pensionsalter erreichte, für den gab es zwei Möglichkeiten: Entweder weiterarbeiten, um sich weiterhin eine Tagesstruktur zu erhalten oder alleine in der Wohngemeinschaft bleiben, während die jüngeren arbeiten.

«Früher war die Betreuung von Senioren mit einer Beeinträchtigung noch kein grosses Thema, starben diese oft bereits vor ihrer Pension», erklärt Melanie Bär, Kommunikationsverantwortliche bei der Wettinger Arwo-Stiftung. Unter anderem durch den medizinischen Fortschritt und Förderangebote habe sich das inzwischen verändert. Mit dem Einzug in die Überbauung «Sulperg-2» und der neu geschaffenen Tagesstätte ist ein wichtiger Schritt getan: «Hier haben wir die perfekte Lösung für uns und unsere pensionierten Bewohner gefunden», sagt Roland Meier, Geschäftsführer der Arwo-Stiftung.

Auch für die Bauherren, die Gemeinnützige Gesellschaft Wettingen GGW und Pro Familia, kommt die Zusammenarbeit mit der Arwo gelegen: Mit «Sulperg-2» wollten sie nicht nur günstigen, sondern auch durchmischten Wohnraum für Menschen mit unterschiedlichsten Bedürfnissen schaffen. Familien, Senioren 60 Plus und Menschen mit einer Beeinträchtigung würden hier eine Wohnform finden, die in dieser Grösse einzigartig sei, wie Baschti Spörri, Präsident der GGW, sagt. Von den 83 Wohnungen seien fast alle vermietet oder verkauft – und das Ziel des durchmischten Wohnens erfüllt.

Mit Umzug mehr Privatsphäre

Im Juni sind 20 Bewohner der Arwo in die Überbauung «Sulperg-2» eingezogen. Zehn der älteren Bewohner lebten vorher in Wohngemeinschaften und zehn Bewohner im altersdurchmischten Wohnheim. «Sie sind sehr zufrieden mit der neuen Wohnsituation», sagt Gruppenleiterin Gaby Brantschen, die seit 20 Jahren bei der Arwo arbeitet.

116 Menschen mit Beeinträchtigungen wohnten bisher in der Arwo. 20 davon mussten jahrelang ihr Zimmer teilen und hatten nur mangelhafte Privatsphäre. Diese Doppelzimmer konnten mit dem Umzug aufgelöst werden. Diejenigen, die neu in der Überbauung «Sulperg-2» wohnen, freuen sich sehr darüber, endlich ihre eigenen Zimmer beziehen zu dürfen. So steht im «Inside», dem Newsletter der Arwo, geschrieben: «Am meisten freue ich mich auf mein Zimmer, weil es ganz neu ist», sagt zum Beispiel Christine Linder. Und auch Max Steiner freut sich sehr: «Ich bin jetzt 75-jährig und werde mit dem Umzug nun pensioniert.» Gaby Brantschen zitiert lachend eine Person aus der gemischten Wohngruppe: «Sie erzählte mir, endlich gäbe es für sie einen Ort, um alt zu werden – ohne den ganzen Kindergarten.» Ein ironisch gemeinter Seitenhieb an die jüngeren Mitbewohner.

Brantschen steckt voller Enthusiasmus über die neuen Möglichkeiten, die sich mit dem Einzug aufgetan haben. Aktuell sind es fünf Bewohner im Pensionsalter, die ab August eine Tagesstruktur erhalten — in einer der grossen Wohnungen, die zur Tagesstätte umfunktioniert wird. Hier können sie ihre Pension geniessen und neuen Vorlieben frönen. Brantschen war sofort klar, dass sie die Co-Leitung der neuen Wohngruppen und der Tagesstruktur übernimmt: «Es ist wirklich schön, hier arbeiten zu dürfen. Wir werden die Senioren dazu motivieren, gemeinsam etwas zu unternehmen: Zum Beispiel zusammen zu kochen oder neue Hobbies und Fähigkeiten entdecken. Wir geben ihnen hier einen Raum, um sich zu verwirklichen. Über ihre Zeit dürfen sie selbst bestimmen.»

Der Einzug in die Überbauung «Sulperg-2» entspricht zudem der UNO-Behindertenrechtskonvention, die 2014 von der Schweiz ratifiziert wurde. Sie hat zum Ziel, dass Menschen mit einer Behinderung möglichst «normal» und integriert leben können.