Zwar ist das neue Kraftwerk Rüchlig bereits seit letztem Jahr wieder in Betrieb, die ökologischen Ausgleichsmassnahmen hingegen wurden in den letzten Tagen abgeschlossen. Unter anderem können die Fische jetzt auf- und absteigen.
Eine Entendame treibt einsam und verlassen zwischen dem angeschwemmten Holz und der neuen Hochwasserentlastung beim Kraftwerk Rüchlig. Hätte es Hochwasser, wäre sie wohl kaum hier.
An das Hochwasser 2007 erinnert sich Rolf Mathis, Leiter der Hydraulischen Energie bei Axpo, nur allzugut. Damals wurde die Zurlindeninsel weggespült. Mit den Hochwasserschutzmassnahmen – Bestandteil des erneuerten Kraftwerks Rüchlig – passieren solche verheerende Überschwemmungen jedoch nicht mehr. «Die Entlastungsanlage mit ihren zwei Wehrfeldern kann bei Hochwasser problemlos 1400 Kubikmeter Wasser pro Sekunde abführen», sagt Mathis. Dies entspricht der Abflussmenge des Hochwassers vor acht Jahren.
Während der über dreijährigen Bauzeit nahm Gesamtprojektleiter Christoph Tandler mehrere Hürden: «Ich musste Termine, Gesetze, Kosten und Qualität einhalten. Der Lärm während der Abbruchzeit sorgte bei den Anwohnern teilweise für Ärger. Ich versuchte, stets auf ihre Anliegen einzugehen.»
Rolf Mathis und Christoph Tandler stehen im neuen Kommandoraum. Computer regulieren das Kraftwerk, die Wände sind lindengrün gestrichen. Die Mitarbeiter wünschten diese freundliche Farbe, sagt Tandler. Vor ihnen liegt das Kraftwerk, das mit fast nichts an die alte Anlage erinnert: Das Maschinenhaus, in dem einst drei Rohrturbinen Strom produzierten und den Tellianer die Sicht auf den Jura raubten, wurden abgebrochen. Das neue Hauptkraftwerk, ein sogenanntes Deckelkraftwerk (auf Bodenniveau), beinhaltet vier neue Rohrturbinen. Neben dem Werk befindet sich die Hochwasserentlastung.
Ein kleiner Teil der ehemaligen Kraftwerkkonstruktion von 1926 blieb erhalten und wurde ins neue Werk integriert. Als die Konzession des Kraftwerks Rüchlig 2011 auslief, diskutierte Axpo über einen kompletten Neubau der Anlage. Doch das kam zu teuer und so entschied man sich, die bestehende Anlage zu erneuern. Mit der neuen Konzession darf der Konzern bis Ende 2074 Strom produzieren. 2003 kaufte er der Jura-Cementfabrik das Kraftwerk ab. Axpo produziert den Strom im Rüchlig und speist ihn weiter ins Netz der IBA.
Bei einem Neubau eines Kraftwerks müssen Fische die Möglichkeit haben, zu wandern. Axpo realisierte beim Hauptkraftwerk einen Fischaufstieg. Beim Dotierkraftwerk bei der Alten Aare, das ebenfalls neu gebaut wurde und eine zusätzliche bis zu 40 Kubikmeter Restwassermenge pro Sekunde nutzt, gibts einen weiteren Auf- wie auch Abstieg für die Fische. Die Tiere lassen sich dem Reinigungsrechen entlang treiben und gelangen durch eine Öffnung auf die Aare. Eine besonderes schonende Art, für die Fische zu wandern, sagt Mathis. «Wir wollen Energie und greifen in die Umwelt ein. Axpo legt Wert darauf, das Gleichgewicht zwischen Schutz und Nutzen zu wahren.»
Für die Bootsfahrer gibt es beim Kraftwerk eine neue elektrische Bootsübersetzanlage. Der Wassersportverein Aarau wird am Samstag mit geschmückten Booten auffahren und zeigen, wie man das Kraftwerk künftig mühelos passieren kann.
Mit der erhöhten Leistung der Turbinen von 11 Megawatt wird das neue Kraftwerk Rüchlig jährlich rund 64 Gigawattstunden Strom produzieren. Damit werden 17 000 Haushaltungen versorgt. Im Vergleich zu früher entspricht dies einer gesteigerten Energieproduktion von 25 Prozent. Die Kosten für die Erneuerung des Kraftwerks belaufen sich auf rund 120 Mio. Franken.
Der Tag der offenen Tür beim Kraftwerk Rüchlig findet am 13. Juni, zwischen 10 bis 14 Uhr, statt.