Aarau und sein «Maienzug light» – ein Schwanken zwischen Feiertag und Freitag, zwischen Freude und Wehmut. Und doch ist er überall: in den Schulen und Kindergärten, in den Altstadtgassen, in den Quartierstrassen.
Dann singen sie, dass es einem die Haare auf den Armen aufstellt. «D’Gibel vo der Altstadt – s’Naturama, s’Schlössli – d’Aare, d’Gärte, d’Wälder – das isch Aarau eusi Stadt», inbrünstig, aus voller Kehle, die hunderten Schul- und Kindergartenkinder im Hof des Gönhardschulhauses:
Und in diesem Moment ist es wieder da, voll und ganz, dieses unbeschreibliche Maienzug-Gefühl.
Das Knistern, das einem erstmals frühmorgens beim Knallen der Kanonenschüsse vom Alpenzeiger überfallen und aus dem Bett gescheucht – und dem der Gärtner im Nachbarsgarten mit seinem Heckenschneidgerät gleich wieder den Garaus gemacht hat.
Es ist dieser Tag, der schwankt, zum zweiten Mal in Folge. Zwischen Festtag und Arbeitstag, zwischen Maienzug und Freitag. «Maienzug light» nennt sich das, wenn die Läden haben offen haben und vor den Schaufenstern die Stadtmusik Aarau in Kleinformationen aufspielt. Wenn sich auswärtige Handwerker inmitten des festlichen Trubels verwundert am Kopf kratzen und die Kinder im Lunapark das Schuljahresende feiern. Wenn sich die Weissgekleideten in den Gassen zum Maienzugbankett treffen und der Bus sich dazwischen durchzwängt, wenn jeder über die geschmückten Brunnen staunt und an jeder Ecke Güselsäcke stehen. Oder wenn der Pöstler um die versammelten Eltern kurven muss, die ihren Kindern im Mini-Umzügli applaudieren.
Der Maienzug ist abgesagt. Er ist nicht im Telliring, nicht auf der Schanz – aber er ist überall. Er ist Aaraus wichtigster Feiertag, nur ohne Protokoll. Dieser bietet Platz für anderes, für all die Bankette auf Quartierstrassen und in Gärten, an Küchentischen und auf Picknickdecken. Für ein ausgesuchtes Miteinander. Dann, wenn es passt.
Ein solcher Maienzug ist toll, er hat seinen Reiz. Aber das Traditionelle fehlt doch auch. Nächstes Jahr braucht es vielleicht einfach beides.
Die schönsten Bilder vom Vorabend vom Maienzug: